Fotografie

Vor Ort - Fotografie im Rhein-Neckar-Dreieck

Ausstellung im Mannheimer Kunstverein

22.01. bis 02.04.2023

Rezension »Metropol«

BLICK AUF DIE WELT

FOTOGRAFIE VOR ORT IN DER METROPOLREGION RHEIN-NECKAR

Bald ist die Fotografie 200 Jahre alt. Während dieser Zeit hat sie sich beständig verändert – einmal technisch, und vor allem hat sich der Blick der Fotografen auf die Welt verändert.

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Augenblick mal!

Was ist Realität? 40 Blickwinkel bietet der Mannheimer Kunstverein in der Ausstellung „Vor Ort'' an. Sie lädt dazu ein, in die Welt der Fotografie in der Rhein-Neckar-Region einzutauchen: von detaiIIierten Porträts bis zum Drohnen-Panorama.

Von Manfred Ofer

Am Anfang stand ein Missverständnis. »Als wir in der Pandemie die Coronale im Haus organisiert haben, war die Resonanz bestens«, erinnert sich Friedrich Kasten an das Event im September 2020. Eine Überraschung sei jedoch gewesen, dass sich unter den Künstlern keine Fotografen befanden, da unter ihnen der Eindruck bestand, dass ihr Genre bei der Ausstellung nicht vorgesehen war. »Das Ganze war ein Missverständnis«, bemerkt der Vorsitzende des Mannheimer Kunstvereins dazu. »Selbstverständlich hätten wir auch gerne fotografische Arbeiten gezeigt.« Zumal im Rahmen der Ausstellung viele Exponate verkauft wurden und Künstlern in der Not geholfen werden konnte.

In der Folge erwuchs daraus die Idee, der Fotokunst in der Metropolregion eine eigene Ausstellung zu widmen. »Also haben wir damit begonnen, uns umzuschauen«, sagt Kasten. Die Suche habe schon bald so etwas wie einen kreativen Tsunami ausgelöst. Am Ende hatte sich das Kuratoren-Team um die junge Kunsthistorikerin Léonie Koch und Martin Stather auf vierzig Fotografen geeinigt, deren Arbeiten seit der Vernissage am gestrigen Abend die Wände beim Kunstverein schmücken. In die engere Auswahl kam, wer seinen Arbeitsschwerpunkt in der Metropolregion hat.

Die Teilnehmer sind mit bis zu vier ihrer Arbeiten in der Ausstellung vertreten. Bis zu sechs weitere finden sich in einem gleichnamigen Katalog, der im Klotz-Verlag erschienen ist. Wer die Hallen des Mannheimer Kunstvereins in diesen Tagen betritt, streift durch ein weites Feld an künstlerischen Ausdrucksformen. Von der modernen Street Photography über klassische Porträts bis hin zu experimentellen Aufnahmen von Menschen, Orten und Landschaften lässt sich auf den beiden Etagen unter dem Dach ein Vielfaches an Genres entdecken.

Zauber des Kaffeehauses

»Wir haben 156 Arbeiten zusammengetragen, die wir dem Besucher zeigen«, fasst Friedrich Kasten zusammen und verweilt vor einer Fotografie, die man im Erdgeschoss betrachten kann. Es fängt den atmosphärischen Zauber eines Kaffeehauses in eindrücklichem Schwarz-Weiß ein. Mit seinem Auge für solcherlei architektonische Stillleben hat der Fotograf Adonis Malamos, der in Mannheim auch das Café Prag betreibt, in den vergangenen Jahren Szenen in ganz Europa eingefangen.

Mit einer ähnlichen Perspektive begibt sich der in Brühl geborene Fotograf Franz Niedermayer auf die Jagd nach Motiven, wobei ihn deutlich stärker das Vergängliche an ihnen reizt. Seine Bilder, mit denen er die Ausstellung bereichert, spiegeln die Liebe ihres Autors zu »Lost Places« wider. Das sind Orte, in denen einst das Leben pulsierte, die inzwischen aber verlassen und dem Verfall überlassen sind. Wie zum Beispiel die nostalgischen Farben eines früheren Opernsaals, von dessen Decke ein zerrissener Vorhang hängt.

Von Barock bis Brutalismus

Kraftvoll sind die Farben, mit denen Alexander Münch jenes Mannheim eingefangen hat, durch dessen nächtliche Straßen er mit seiner Kamera streift. Der Wasserturm und das Schloss erscheinen durch das Spiel mit der Belichtung wie ein psychedelischer Trip, während er für die Spiegelung der aus dem Nebel wachsenden Hochhäuser am Neckar melancholisches Schwarz-Weiß benutzt hat. »Brutalism« hat Münch zwei von seinen Motiven in Anspielung auf den Architekturstil genannt, der zu Mannheim wie der Barock und die Quadrate gehört.

Annette Mueck, die Kommunikationsdesign in Dortmund studiert hat und als freiberufliche Fotografin in Mannheim arbeitet, liebt es wiederum, ihre Motive aus der Vogelperspektive zu zeigen. Dafür bedient sie sich einer Drohne, mit der sie Ereignisse am Boden einfängt, die auf zufällige Weise orchestriert zu sein scheinen. Der aus Mannheim stammende Fotojournalist Manfred Rinderspacher hat sich weltweit der Jazz-Kultur gewidmet, wobei er die Gesichter von Musikern bei einem Konzert bis ins kleinste Detail wie mit dem Brennglas festgehalten hat.

Der finale »Rettungsschuss«

Der Magie des Augenblicks hat sich Wolfgang Steche verschrieben, der als Fotojournalist mitunter gar Historisches eingefangen hat. Das Gespräch zwischen dem Spiegel-Gründer Rudolf Augstein mit dem damaligen US-Außenminister Henry Kissinger oder das morbide Szenario eines Banküberfalls. »Erster finaler Rettungsschuss « steht nüchtern darunter geschrieben. Und dann sind da noch die Handwerker, die in luftiger Höhe im Hamburger Hafen auf dem Rand eines Schornsteins sitzen und ein Bierchen trinken. Ein Schelm, der da nicht an jenes schwindelerregende Bild der Bauarbeiter im New York der dreißiger Jahre denkt.

»Es ist ein Konglomerat von unterschiedlichen Bildsprachen dessen, was fotografisch sein kann und darf«, resümiert Friedrich Kasten, was die Besucher bei einem Rundgang erwartet. Gleichzeitig sei die Ausstellung ein beeindruckendes Kaleidoskop der regionalen Foto-Szene. »Jede Darstellung steht für sich«, betont Kasten, der noch auf die Begleitveranstaltungen der Ausstellung verweist, Vorträge mit Rainer Zerback, Annette Mueck und weiteren Fotografen, die mit ihren Arbeiten in Mannheim vertreten sind.

Die Ausstellung

»Vor Ort« mit Werken von 40 Fotografinnen und Fotografen aus der Metropolregion Rhein-Neckar im Mannheimer Kunstverein, Augustaanlage 58, Öffnungszeiten: Di bis So, 12 bis 17 Uhr, Mi 14 bis 19 Uhr. Kontakt: www.mannheimer-kunstverein.de.

Rheinpfalz, 23.01.2023

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