Kunst in den Gewölben
Mitgliederausstellung des Kunstvereins Germersheim
01.11 bis 07.12.2025
Einführung Günter Baumann
Liebe Freunde und Freundinnen der Kunst,
wie sollte man über 40 Kunstschaffende vorstellen, deren Gemeinsamkeit darin besteht, Mitglieder des Kunstvereins Germersheim zu sein und das Glück zu haben, unter einem der schönsten Ausstellungsgewölbe auszustellen, das man sich denken kann? Richtig: gar nicht. Also nicht erschrecken, um niemandem nicht gerecht zu werden, sei diese Rede keine Einführung über die Positionen in dieser Ausstellung, sondern eine Hinführung zur Kunst. Und doch, der Ort hier ist gewichtig genug, um zumindest den Titel der Ausstellung zu nennen: KUNST IN DEN GEWÖLBEN, recht so: Denn hier treffen sich Malerei, Grafik, Skulptur, Fotografie, Objekt und Poesie – ein kunterbuntes Treiben der Disziplinen, das ungefähr so geordnet ist wie ein Familienfest, bei dem es Dialoge und Auseinandersetzungen, Zusammensein und Widersprüche gibt. So ist die Welt, vielfältig wie die Protagonist*innen, die sie gestalten. Also: keine Regel, aber viel Haltung. Kein Thema, aber jede Menge Wille zum kreativen Tun.
Rezension »Die Rheinpfalz« - 06.11.2025
Neues aus den Ateliers
Unter dem Motto »Kunst in den Gewölben« präsentiert der Kunstverein Germersheim seine Mitgliederausstellung im Zeughaus. Es beteiligen sich 45 Künstler mit Malerei, Grafik, Skulptur, Fotografie, Objekt und Lyrik – die Bandbreite reicht von ambitionierten Autodidakten bis zu Künstlern mit fundiertem akademischem Hintergrund.
Von Barbara Eichenlaub
Die Gewölberäume des historischen Zeughauses in Germersheim sind wie geschaffen für atmosphärisch stimmige Kunstausstellungen. Regelmäßig kuratiert der Kunstverein erstklassige Schauen mit Gastkünstlern, dazu alle zwei Jahre große Mitgliederausstellungen. Unter den Teilnehmern sind langjährige Mitglieder, die regelmäßig, meist mit aktuellen Werken bei der Gruppenschau zu sehen sind, und Neuzugänge.
Absoluter Blickfang in diesem Jahr ist am Ende des langen Mittelgangs zwischen den einzelnen, offenen Gewölberäumen der übergroße Holz-Torso von Peter Brauchle. Der Bildhauer, der in Lustadt lebt, wirkt zum ersten Mal als Vereinsmitglied des Germersheimer Vereins mit. Seiner einerseits archaisch, andererseits modern anmutenden männlichen Skulptur stellt er weitere, deutlich kleinere Torsi aus Metall an die Seite. Sie korrespondieren hervorragend mit der farblich exzellent ausbalancierten Malerei von Helga Böbel aus Wörth, der reduzierten, konstruktiv angehauchten Malerei Fritz Dickgiessers aus Bad Schönborn und den fotografischen Momentaufnahmen von Silvia Richter-Kundel.
Überhaupt ist die Fotografie in diesem Jahr stark vertreten. Es sind elf Frauen und Männer, die ihren ganz individuellen Blick auf die Welt im Großen wie im Kleinen zeigen. Flaggschiff ist Wolfhard Tannhäuser mit seinem überbreiten Werk »Westflug«, das er mit einem erklärenden Text ergänzt hat. Rainer Zerback aus Ludwigshafen porträtiert die Zerstörung der Natur durch Feuer. Weitere beteiligte Fotografen sind Peter Bergen, der farbige Wassertropfen in Highspeed-Fotografie festhält, Karin I. Heinelt, Susanne Degner, Stefan Kindel, Frank Küpper, Alessa Schall, Gertrud und Wigand Schneiderheinze sowie Claus Stolz.
Einige Künstler, die ihre Werke in den Raum hineingreifen lassen, indem sie Skulpturen oder Objekte erschaffen, verwandelten unterschiedliche Ausgangsmaterialien zu etwas ästhetisch Neuem. Silvia Mielke aus Jockgrim faltet seit Jahren unermüdlich Papier alter Telefonbücher, färbt es hin und wieder und zwingt ihm eine neue Form auf. In Germersheim halten Holzkisten oder Rahmen die Papiergebilde in Schach.
Auch Arnhild Noack zwingt Abgelegtem, Verlorenem, Aufgegebenem eine Hülle auf, indem sie ihre Fundstücke in transparentem Acrylharz gießt. »Hedera Helix« nennt Petra Roquette ihr fantastisches Holzgebilde, angelehnt an sein erstes Leben als ein Bündel von aufwärts strebenden Ästen einer Efeupflanze. Jetzt stehen sie nackt, nur weiß und ganz leicht blau gefärbt im Raum. Zum ersten Mal stellt Mathias Nikolaus seine Skulpturen aus Stein und Stahl aus. Weitere Objekte sind zu sehen von Christiane Grimm, Elke Pfaffmann und Ulrich Steinmetz.
Die Motive der Maler und Grafiker sind so vielfältig wie das Leben selbst, tendieren jedoch überwiegend zur Abstraktion und zum Ungegenständlichen. Bettina Kresslein, die sich zwischen Grafik und Malerei bewegt, fängt in ihren kleinstformatigen Charakterstudien Menschentypen ein, überzeichnet sie fast im Stile einer Karikatur.
Wie aus der Zeit gefallen wirken die zarten, akribisch wiedergegebenen Blumen-Stillleben von Marion Schäfer, ein Baum mitsamt Wurzeln ist bei Georg Pfadt noch rudimentär zu erkennen. Farbexplosionen, scheinbar wilde Ausbrüche dominieren die Werke von Bahaiden, genauso wie die farbenfrohen Motive von Kerstin Gröbler.
Vom Bellheimer Büro Heuchel Klag ist eine Arbeit mit architektonischem Hintergrund zu sehen, weiter stellen Beate Dukar, Shukr Blbas, Reinhold Braun, Angelika Götz, Anne Janoschka, Leni Karr, Heidi H. Kuhn, Elisabeth Nüchtern, Horst Steier, Mike Überall und Felicitas Wiest aus.
Und natürlich die Vereinsvorsitzende Marita Mattheck mit drei ganz neuen Arbeiten, bei denen in ihre abstrahierten Stadtlandschaften eine zarte, jedoch spannende Transparenz Einzug gehalten hat. Anne-Marie Sprenger, ihre Stellvertreterin im Verein, schuf malerisch einen »Gleichklang in Moll«, zu dem Günter Baumann ein passendes Gedicht verfasst hat.
DIE AUSSTELLUNG
»Kunst in den Gewölben« des Kunstvereins Germersheim bis 7. Dezember im Zeughaus der historischen Festungsanlage: Sa 15-18 Uhr und So 14-18 Uhr. Zur Vernissage am Freitag, 7. November, 18 Uhr geben Marita Mattheck und Anne-Marie Sprenger eine Einführung, Musik kommt von Klaus Tischer an der Gitarre. Die Germersheimer Kultur- und Museumsnacht beginnt am gleichen Abend um 19 Uhr und geht bis 23 Uhr, im Foyer gibt es dann einen Origami Workshop mit Karl-Heinz Petri. Finissage ist am Sonntag, 7. Dezember, 14 bis 18 Uhr, mit einem Kunst-Café.
Die Rheinpfalz, 06.11.2025