Fotografie

Metamorphosis

Ausstellung im Kunstmuseum Heidenheim

12.08.2023 bis 05.11.2023

Rundgang

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Broschüre: Text Marco Hompes

Der Mensch hinterlässt Spuren. Diese Spuren spiegeln jeweils gegenwärtige Bedingungen, Wünsche und Leistungen einer Gesellschaft wider. In seiner fotografischen Arbeit beschäftigt sich Rainer Zerback mit den zivilisatorischen Hinterlassenschaften unserer Zeit. So widmete er sich in früheren Serien bereits dem Massentourismus, den Zeugnissen der Industrie in Städten, Autoschrottplätzen oder Arbeitsmitteln und Behausungen in eher wenig besiedelten Gegenden der Welt. Letztere sind in der Serie »Contemplationes« festgehalten, von denen eine Arbeit in einem gesonderten Raum im Erdgeschoss des Kunstmuseums zu sehen ist.

Für sein aktuelles Projekt METAMORPHOSIS reiste der Künstler mehrfach auf die Schwäbische Alb. Im Anschluss an eine Serie über urbane Räume interessierte ihn das Bild einer deutschen Landschaft zwischen Tradition und Innovation. Ihm ging es darum, mit der Kamera eine Region zu erkunden, deren Gesicht sich durch den Strukturwandel im Wandel befindet.

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Rezension »Heidenheimer Zeitung« - 15.08.2023

Auf den Spuren der Spuren

Kultur

Der Mensch verändert die Natur – zum Guten wie zum Schlechten. Dieses Spannungsfeld untersucht Rainer Zerback im Kunstmuseum.

Von Maximilian Haller

Schon die amerikanischen Ureinwohner hatten ein Faible für sie. Archäologen auch. Die Polizei ganz besonders. Die Rede ist von Spuren. Rainer Zerback ist ebenfalls auf der Suche nach ihnen. Er interessiert sich jedoch weniger für Pfotenabdrücke, Mumien oder Haarproben. Der Künstler hat sein Auge auf zivilisatorische Hinterlassenschaften unserer Zeit geworfen. Seine Erkenntnisse hält er in Fotografien fest. Das aktuelle Projekt »Metamorphosis« präsentiert Zerback derzeit im Kunstmuseum Heidenheim.

Seine Reise führte Zerback mehrfach auf die Schwäbische Alb. Auch das Eselsburger Tal wurde Teil der Fotoserie. In ihr geht es um Tradition und Innovation – und die deutsche Landschaft, die dazwischen liegt. Mit seiner Kamera erkundet der Künstler aus Ludwigshafen Regionen, deren Gesichter sich durch den Strukturwandel im Wandel befinden.

Ort der »Hidden Champions«

Dabei stellt Rainer Zerback gerne zwei Motive gegenüber: So etwa eine Fotografie, die einen Solarpark zeigt, und ein Motiv, auf dem ein Acker zu sehen ist. »Einen Acker erwartet man hier auf der Schwäbischen Alb ja«, findet Kunstmuseumsleiter Marco Hompes. »Er wird als natürliche Nutzung wahrgenommen, dabei ist er genauso menschengemacht wie der Solarpark.«

Obwohl die entstandenen Bilder aus »Metamorphosis« praktisch überall hätten entstehen können und sich bisweilen bewusst einer konkreten Lokalisierung entziehen, stellt die Alb ein Paradebeispiel für einen tiefgreifenden und durchaus erfolgreichen Strukturwandel dar. Eine ehemals eher ärmliche Gegend ist heute Heimatort weltweit führender Industrien und sogenannter »Hidden Champions«.

Damit diese Arbeitskräfte anziehen und gleichermaßen halten können, verändern Unternehmen aktiv das Landschaftsbild. Freizeit, Mobilität, Natur und auch Tradition werden für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit der Wahl ihres Arbeitsplatzes immer wichtiger. Die daraus resultierenden Modernisierungsprozesse sind überall auf der Alb erkennbar – Rainer Zerback macht sie sichtbar.

Häufig sind Menschen auf den Fotografien gar nicht zu sehen, lediglich die Spuren, die sie zurücklassen. Die Motive des Künstlers entstehen fast immer mithilfe eines Hochstativs. »Man kann dadurch viel sehen, erhält aber keine Draufsicht«, erläutert Hompes. Zerback wolle sich ein gewisses Maß an Neutralität und Objektivität bewahren – aber nicht zu hundert Prozent. Denn Dokumentation ist nicht das oberste Ziel. »Zerback greift manchmal auch ein und manipuliert das Bild bewusst«, so Hompes.

Extra fürs Kunstmuseum

Das Eselsburger-Tal-Motiv zeigt etwa zahlreiche Menschen, die Freizeitaktivitäten nachgehen. Die Fotografie, die den Titel »Climbing« trägt, soll Dichte und Leere im Bild in Balance bringen. Ihre unterschwellige Kritik kommt erst bei genauerer Betrachtung an die Oberfläche. Denn während das Foto auf den ersten Blick dokumentarisch wirkt, wird später klar, dass hier mehrere Aufnahmen überlappt wurden. Der Einfluss des Menschen auf fotogene Naturräume, er hat stets zwei Seiten. Die Tourismusbranche erfreut sich daran, ebenso Unternehmen, die ihren Angestellten einen lebenswerten Wohnort liefern wollen. Nur die Idylle des Ortes, hier die Steinernen Jungfrauen, die stören sich mitunter an dem Menschen.

Eigentlich ist »Metamorphosis« noch im Entstehen, die Verwandlung ist sozusagen noch nicht abgeschlossen. »Als ich die Werke gesehen habe, war gleich klar, dass ich sie für das Kunstmuseum haben wollte«, erzählt Marco Hompes. Für das Heidenheimer Museum traf Rainer Zerback erstmals eine Auswahl aus den bisher entstandenen Aufnahmen. Die Bilder folgen einer Thematik, funktionieren aber auch als Einzelaufnahmen.

»Ursprung der Kunst« und »Metamorphosis«

Die beiden neuen Ausstellungen »Der Ursprung der Kunst« und »Metamorphosis« im Heidenheimer Kunstmuseum gibt es ab sofort und bis Sonntag, 5. November zu sehen.

Heidenheimer Zeitung, 15.08.2023

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Rezension »Heidenheimer Zeitung« - 07.11.2023

Kunstmuseum Heidenheim

Künstler Rainer Zerback will die Welt »als etwas Fremdes sehen«

Mit einem Künstlergespräch ist die Ausstellung des Fotografen Rainer Zerback zu Ende gegangen. Es bleibt ein Buch.

Von Günter Trittner

Rainer Zerback denkt groß: im Raum und in der Zeit. Das muss er auch. Denn der Fotograf hat sich eine große Aufgabe gestellt. Er will im Bild festhalten, was Menschen am Hier und Heute interessieren könnte, wenn sie in 50 oder 100 Jahren zurückblicken. Das könnte auch die Arbeit eines Archivars sein. Doch der Künstler Zerback schafft seine eigene Realität, die wahr und künstlich zugleich ist.

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SWR Landesschau - 17.08.2023