Fotografie

Visiones

Ausstellung »Deltabeben Regionale 2018«, Kunstverein Ludwigshafen, Ludwigshafen

31.08. bis 21.10.2018

Rezension »Rhein-Neckar-Zeitung«

Reiche Auswahl beim »Deltabeben«

Hack‐Museum und Kunstverein Ludwigshafen zeigen bei »Deltabeben« regionale Kunst

Von Milan Chlumsky

Heidelberg. Für die alle zwei Jahre stattfindende Ausstellung »Deltabeben«, die zwischen Ludwigshafen und Mannheim wechselt, kann man sich nicht bewerben. Museums‐ und Kunstvereinsdirektoren, Kuratoren und Kunstkritiker, die sämtliche Sparten in der Metropolregion beobachten, wählen gemeinsam Künstler aus. Die diesjährige Auswahl von 29 Künstlern lässt sich als Zeichen einer sehr lebendigen Kunstszene werten. Damit werden jene Unkenrufe widerlegt, es lebten keine bedeutenden Künstler in Heidelberg, Mannheim oder Ludwigshafen.

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Rezension »Rheinpfalz«

Schöne Anarchie

Die fünfte Ausgabe der Kunst-Leistungsschau »Deltabeben – Regionale« im Wilhelm-Hack-Museum und im Kunstverein in Ludwigshafen

Von Sigrid Feeser

Ludwigshafen, Mannheim, Ludwigshafen, Mannheim, jetzt wieder Ludwigshafen. Seit 2010 wechselt die als regionale Leistungsschau aus der Taufe gehobene »Deltabeben Regionale« im zweijährigen Rhythmus die Rheinseiten. Ab heute sind das Wilhelm-Hack-Museum und der Kunstverein gefordert. 30 Künstler aus der um Karlsruhe und Mainz erweiterten Metropolregion wurden von 15 Kuratoren nominiert.

Von Malerei, Zeichnung, Fotografie, Video bis Plastik, Installation, Performance und ortsgebundenen Arbeiten ist alles dabei. Die zum ersten Mal mit einem Publikums- und einem Expertenpreis gekrönte Leistungsschau ist nicht schlecht. Mal sehen, was sie im Einzelnen hergibt. Am Eingang zur Jugendkunstschule des Ludwigshafener Kunstvereins hat Frederike Stang (1984 in Buchen geboren, an der Freien Kunstakademie Mannheim ausgebildet) mit Kohle und Pastellkreide dicke fette Maden aufgezeichnet. die uns drinnen auf drei mächtigen Linolschnitten beim Zerlegen eines Hirschkäfers wieder begegnen. Zunächst sieht man eine Idylle, die sich langsam als das entpuppt, was sie wirklich ist: Ein in langwieriger Handarbeit hergestelltes Vanitas-Stillleben, das die Schönheit der Verwesung feiert.

Mit seinen sechs (von 160) Doppelporträts von Falknern und ihren Vögeln ist der Ludwigshafener Rainer Zerback auf der sicheren Seite; Falknerin Anja und Greifvogel Barbarossa haben es bis auf das Plakat und das Katalogcover geschafft. Die in leichter Untersicht aufgenommenen Protagonisten sehen am Betrachter vorbei, der Hintergrund der großformatigen Fotos ist digital leergeräumt, die Stimmung emblematisch aufgeladen, das Ganze überzeugt.

Wo etwas ernst ist, ist jedoch der Buffo nicht weit. Kirill Golovchenko ist 44 Jahre alt, lebt in Mainz und hat die Fotografie an der Hochschule Darmstadt gelernt. Seine durch einen blauen Schwimmreifen »gesehenen« fotografischen Nachrichten vom Strand von Odessa sind der Knaller: archaische Formen der Freizeitgestaltung wie unter der Lupe. Fette Frau mit fettem Essen auf der Hand, ein halb abgesoffener Container als primitives Sprungbrett. In einer anderen Serie ein aus rostigem Eisen zusammengeflickter Fitness-Parcours, dessen anscheinend akzeptierte Gefährlichkeit einen fassungslos macht.

Daneben und in ihrer Zurückgenommenheit leicht zu übersehen: die schattenhaft die menschliche Verlorenheit mit apokalyptischen Farben illuminierende Malerei des in Hirschhorn lebenden Jens Hafner; die Bildtitel »Winterreise« und »Irrlicht« verweisen auf den großen Liederzyklus von Franz Schubert. Fast möchte man den Maler unter die Ausreißer rechnen, denn Stille und Konzentration ist nicht gerade die vorherrschende Haltung im aktuellen »Deltabeben«. Doch es gibt sie, auch im Hack-Museum, etwa in den mit raffiniert die räumliche Wahrnehmung irritierenden optischen Effekten arbeitenden Acrylglasobjekten von Christiane Grimm aus Heidelberg. ln einem bühnenbildartig aus ausgesägten Holzelementen gefügten Arrangement von Johanna Broziat, die einmal Meisterschülerin von Silvia Bächli in Karlsruhe war. Und in der in blendendem Weiß erstrahlenden »Wunderkammer« von Laura Kuch (Jahrgang 1980, lebt bei Heidelberg), in der einfache Dinge wie Stein, Schale, Walnuss, Teelöffel und Würfel eine große, in poetischen Texten raunende Erzählung anstimmen.

Der Mannheimer Gerd Lind wiederum, endlich einmal mit dabei, ist mit einer riesigen temporären Wandarbeit aus grauen und schwarzen geometrischen Elementen auf roter Grundfläche in vermeintlich einfachster Ordnung altmeisterlich eindrucksvoll vertreten. Ihm gegenüber hat die eine Generation jüngere, 1985 geborene Frida Ruiz aus Karlsruhe Wandmalerei mit bunten Segeln zu einer luftigen vielseitig seh-und begehbaren Invention gefügt – ein gutes Beispiel dafür, dass die Veranstalter auf eine Altersbegrenzung bei den Künstlern verzichtet haben.

Das Deltabeben zieht Kreise: Auch Künstler/innen aus Mainz und Karlsruhe sind dabei

Wäre es mal wieder nur um »junge Kunst« bis 35 Jahren gegangen, hätten wir auf die klassisch befriedete Malerei des in Mannheim, Ludwigshafen und Zürich lebenden Schweizers Alex Bär verzichten müssen. Die fast manisch in der eigenen Biografie herumstochernde, von Bärs historisch geerdeter Professionalität weit entfernte. palimpsestartige Ölmalerei des Heidelberger Seiteneinsteigers Paul Kästner wäre uns ebenso entgangen wie die große Bildwand des vor allem als Performer bekannten Mannheimers und zeitraumexit-Gründers Wolfgang Sautermeister, der sich jetzt als Meister tagebuchartiger Reflexionen outet. Künstlers Leben und Wirken in Zeichnung, Malerei, Fotokopie, Collage, der Einstieg ist an jeder Stelle möglich, Sackgassen zuhauf. Irgendwie performativ, womit man wieder am Ausgangspunkt von Sautermeisters Kunstpraxis wäre. Eine schöne Anarchie wird da sichtbar.

Rheinpfalz, 31.08.2018

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Rezension »Mannheimer Morgen«

Kunst: Die fünfte Auflage des Ausstellungsprojekts Deltabeben wird heute in Kunstverein Ludwigshafen und Wilhelm-Hack-Museum eröffnet

Große Übersicht der Kunst der Metropolregion

Von unserer Mitarbeiterin Susanne Kaeppele

Kräftige Farben, unerschrockene Formen und eine wilde Ecke: Hier hat Frida Ruiz, mexikanische Künstlerin aus Karlsruhe, zwei Papierdrachen ineinander geflochten, aber  rein bildlich, malerisch – unerhört und sehr überraschend. Oder Susanne Neiss aus Mannheim hat in nagelneuen Fotografien das Thema der »Transition« aufgenommen, oft weiß man nicht, was man sieht, ist überrascht und verzaubert von dargestellten Dingen, die man nicht recht versteht.

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