Fotografie

The World Without Us

Ausstellung in der Städtischen Galerie Iserlohn

25.04. bis 15.06.2025

Rundgang

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Einführung Rainer Danne

Liebe Gäste,

herzlich willkommen zur Ausstellungseröffnung von »Rainer Zerback. The World Without Us« (Contemplationes). Wir freuen uns sehr, Sie heute hier begrüßen zu dürfen und gemeinsam mit Ihnen die faszinierenden Werke von Rainer Zerback zu entdecken. Eine einzigartige Gelegenheit, die Welt aus einer ganz neuen und ungewöhnlichen Perspektive zu betrachten. Lassen Sie uns zusammen einen inspirierenden Abend verbringen und die Kunst genießen.

Ein herzliches Willkommen geht an Rainer Zerback aus Ludwigshafen, der den Aufbau diese Woche bereits mit Rat und Tat begleitet hat.

Rainer Zerback schafft es auf eindrucksvolle Weise, das Wesen von scheinbar unberührten und verlassenen Orten so einzufangen bzw. zu inszenieren, dass sie wie Dokumente aus einer anderen, unwirklichen Zeit erscheinen. Anfangs noch eher in einem malerischen und romantisierenden Kontext verortet, hat sich der Bedeutungszusammenhang der Serie im Laufe der Zeit durch die globalen Krisen stark verändert. Rainer Zerbacks Bilder spiegeln eine tiefe Nachdenklichkeit wider, die uns zum Innehalten und Reflektieren anregt. Seine Fotografien zeigen uns, wie die Welt ohne menschliches Zutun aussehen könnte und erinnern uns daran, wie fragil und gleichzeitig kraftvoll unsere Umwelt ist.

Die Ausstellung »The World Without Us« fordert uns auf, uns Gedanken über unsere Beziehung zur Natur und zu unseren Lebensräumen zu machen. Der Künstler hat mit seinem feinen Gespür für Details und seiner meisterhaften Technik eine visuelle Erzählung geschaffen, die uns ebenso tief berührt und inspiriert, wie sie uns mit ihrer Mehrdeutigkeit zweifeln und nachdenken lässt.

Die Vorstellung einer Welt ohne den Menschen mag für einige befremdlich klingen, doch bietet sie eine faszinierende Perspektive auf die natürliche Entwicklung und den Zustand unseres Planeten. Ohne Menschen, die Landschaften verändern, Ressourcen abbauen und die Umwelt verschmutzen, würde sich die Erde auf eine Weise entfalten, die wir uns heute nur schwer vorstellen können. Die Welt befindet sich gegenwärtig in einer Phase tiefgreifender Veränderungen und Unsicherheiten. Die Globalisierung, der technische Fortschritt und die politischen Entwicklungen der jüngsten Vergangenheit haben zu einer komplexen und beunruhigenden Weltlage geführt, die viele Menschen mit Sorge betrachten. Populistische Bewegungen, die digitale Revolution, Umweltkrisen und Klimawandel, gesellschaftliche Herausforderungen und soziale Ungerechtigkeit. Die Probleme sind mächtig, und es fällt nicht schwer, sich ein dystopisches Zeitalter von Orwellscher Dimension vorstellen. Und es fällt im Gegenzug leicht, sich unseren Planeten ohne Menschen als einen Ort von beeindruckender Schönheit und Vielfalt vorzustellen.

Genau in diesem Spannungsfeld bewegt sich Rainer Zerback mit seiner Bildserie. Er spielt mit den Ambivalenzen, Widersprüchen und Emotionen in der Wahrnehmung und Repräsentation von Natur und Landschaft. »Sie oszillieren zwischen Wunschtraum und Schreckensbild«, wie Lotte Dinse es in ihrem Text der Publikation zur Ausstellung ausdrückt.

Das Musée Elysée in Lausanne zeigte vor einiger Zeit unter dem Titel »Landmark. The Fields of Landscape Photography« eine großangelegte Ausstellung zur zeitgenössischen Landschaftsfotografie. Der Kurator William Ewing versuchte sich an einer Kategorisierung der verschiedenen Strömungen, die er zu erkennen glaubte. Die Kapitel hießen: Sublim, Pastoral (also Idyllisch), Artefakte, Brüche, Spielplatz, Wunde, Kontrolle, Rätsel, Halluzination und Träumerei. In welche Kategorie würden Sie Rainer Zerback einordnen? Das ist gar nicht so einfach, weil die Grenzen zwischen den Kategorien tatsächlich fließend sind und vom Künstler auch so betont werden. Obwohl die Aufnahmen real existierende Orte zeigen, sind sie doch so stark über die Licht- und Farbwerte verändert, dass sie eher wie Orte der subjektiven Vorstellungswelt erscheinen, in die sehr konkrete Dinge als Zivilisationsspuren eingeschrieben sind. Die Leere und die Einsamkeit strahlen ebenso eine große Ruhe und Kraft aus, wie sie aber auch dieses gewisse, bereits beschriebene Unbehagen auslösen. Befinden wir uns hier schon in einer postapokalyptischen Welt? Dann würden auch die Zivilisationsspuren irgendwann so verblassen, wie die Landschaft sich jetzt schon in pastelligen Farbtönen aufzulösen scheint.

Man muss sich bei all den möglichen Deutungszusammenhängen immer bewusst sein, dass wir es auf der anderen Seite mit hochästhetischen Bildern zu tun haben, die eben auch auf der rein formalen, zweidimensionalen und selbstreferentiellen Ebene funktionieren. Das ist ein elementarer, wenn nicht der wichtigste Teil der Arbeiten. Diese besondere, strahlende, ausgewogene und ästhetische Harmonie und Dimension geben eigentlich die Richtung vor. Man würde sich die Welt ein wenig so wünschen, dann kehrte vielleicht auch der Optimismus zurück.

Mit den uns zur Verfügung stehenden digitalen Möglichkeiten ist es eine absolute Leichtigkeit ein »schönes« Foto aufzunehmen. Die sozialen Medien werden Tag für Tag mit Bildern geflutet, und die Fotografie verliert fortlaufend an Wert, ein billiges Massenprodukt halt. Zu beliebig, redundant und austauschbar erscheinen häufig die Inhalte. Die Goldminen der bildenden Kunst wirken hoffnungslos geplündert.

Jeder Fotograf, der ernsthaft einen künstlerischen Ansatz verfolgt, steht vor dem großen Dilemma, noch einen Goldklumpen zu finden und seinen persönlichen Claim abzustecken, seine Sprache zu finden. Dies kann niemals über das Einzelbild erfolgen. Es kann eigentlich immer nur um Konzepte und Serien gehen. Anders als traditionelle Fotografie, ob analog oder digital, bringt die konzeptionelle Fotografie die Vorstellungskraft und das kreative Denken des Fotografen in den Vordergrund. Diese Art kann als visuelle Erzählform betrachtet werden, bei der jedes Bild und jede Serie eine Geschichte, eine Botschaft oder eine tiefere Bedeutung vermitteln. Rainer Zerback schafft es mit seinen Arbeiten, narrative, symbolische, kontemplative und ästhetische Ebenen so vielschichtig miteinander zu verknüpfen, dass daraus, bei aller immer noch vorhandenen Sachlichkeit und Zartheit, ein sehr komplexes Geflecht verschiedener Verweisungsebenen entsteht. Das macht die Ambiguität und Poesie seiner Werke aus.

Selbst wenn sich die Welt ohne uns zeigt, so sind wir als einsame Betrachter am Ende immer mit im Bild. »Nichts ist im Verstand, was nicht vorher in den Sinnen war«, so lautete das Credo der englischen Empiristen im 18. Jahrhundert. Würde eine Welt ohne Betrachtung nicht aufhören zu existieren?

Wir möchten Sie nun herzlich zu einer inspirierenden Reise durch die Ausstellung und zu einem persönlichen Gespräch mit dem Künstler einladen. Nutzen Sie diese Gelegenheit, um direkt mit Rainer Zerback über seine Arbeiten, Inspirationen und Techniken zu sprechen.

Das sehenswerte, im Kerber-Verlag erschienene Buch zur Ausstellung, ein Kooperationsprojekt des Künstlers mit dem Kunstverein für Mecklenburg und Vorpommern in Schwerin, dem Kunstmuseum Heidenheim, der vhs-photogalerie stuttgart und der Städtischen Galerie Iserlohn liegt im Foyer aus.

Mein besonderer Dank gilt dem Künstler für die wunderbare Zusammenarbeit, aber auch Katja, Günter und Kurt für die tatkräftige Hilfe und Unterstützung.

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Rezension »Iserlohner Kreisanzeiger« - 25.04.2025

Städtische Galerie zeigt Fotos von Rainer Zerback

»The World Without Us« hat Zivilisation und menschliches Sein im Wandel im Blick

Nina Tripp

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